Adrian Gmür
vermisst im Polit Geflüster, den gut schweizerischen Kompromiss.
Noemi Stüssi und Nora Rüdisüli haben sich für Berufe entschieden, die traditionell von Männern dominiert werden: Noemi ist angehende Automatikerin im vierten Lehrjahr, Nora Kunststofftechnologin im zweiten Lehrjahr. Beide Frauen zeigen, dass technisches Geschick und handwerkliches Talent keine Frage des Geschlechts sind.
Schmerikon Die Firma Wild & Küfer in Schmerikon entwickelt, produziert und montiert hochpräzise Kunststoffteile und Baugruppen für industrielle oder medizintechnische Anwendungen. Über 220 Mitarbeitende sind für das Unternehmen tätig, das derzeit auch 22 Lernende ausbildet. Zwei davon sind Noemi Stüssi und Nora Rüdisüli. Noemi ist im vierten und letzten Lehrjahr zur Automatikerin, Nora will Kunststofftechnologin werden und ist soeben ins zweite Lehrjahr eingetreten.
Als Automatikerin ist Noemi für die Anlagen zuständig: Sie sorgt dafür, dass diese einwandfrei funktionieren, macht Wartungsarbeiten und programmiert die Roboter. Die angehende Kunststofftechnologin Nora bedient die Kunststoffspritzgussmaschinen und kontrolliert die Qualität der produzierten Kunststoffteile. Zwei junge Frauen in Berufen, in denen viel mehr Männer als Frauen tätig sind. Was hat sie dazu bewogen, einen klassischen Männerberuf zu ergreifen?
Noemi sagt: «Mein Vater hat mich auf die Idee gebracht, dass das etwas für mich sein könnte. Ich habe mich dann an der Berufsmesse informiert, machte eine Schnupperlehre hier im Betrieb und ich wusste, dass dieser Beruf das Richtige für mich ist. Auf die Frage, welche Fähigkeiten man für diesen Beruf mitbringen müsse, antwortet die 18-Jährige aus Ebnat-Kappel: «Man sollte handwerklich begabt sein, technisches Verständnis mitbringen und über ein gutes Vorstellungsvermögen verfügen.»
Die 16-jährige Ammlerin Nora ist über die Berufsberatung in der Kunststofftechnologie gelandet. Auch sie war nach der Schnupperlehre davon überzeugt, den richtigen Beruf gefunden zu haben. Voraussetzungen für den Beruf sind dreidimensionales Denk- und Vorstellungsvermögen, handwerkliches Geschick und auch Freude an Mathematik und Geometrie.
Dass die beiden jungen Frauen einen typischen Männerberuf ergriffen, hat weder im Familien- noch im Bekanntenkreis viel Aufsehen erregt. Noemi meint lediglich: «In der Schule gab es damals die eine oder andere Bemerkung, aber nichts Bedeutsames.» Vorbilder hatten beide nicht: Bis es zur Berufswahl ging, waren ihnen diese beiden Berufe gar kein Begriff.
Besondere Herausforderungen im Berufsalltag – weil sie Frauen sind – erleben die beiden Auszubildenden nicht: «Statt rechts gehe ich links in die Garderobe. Nur manchmal wünschte ich mir, dass ich etwas stärker wäre. Das hat aber mit mir zu tun und nicht damit, dass ich eine Frau bin», sagt Noemi. Auch Nora bestätigt, dass alle zwölf Lehrlinge in ihrem Team gleichbehandelt werden. Im Unterschied zu Noemi muss sie aber die Garderobe in einem anderen Gebäude benutzen und hat deshalb einen etwas weiteren Weg, um zum Arbeitsplatz zu gelangen.
Sowohl Noemi als auch Nora machen ihre Arbeit gerne und haben ihre Berufswahl noch nie bereut. Noemi schraubt lieber an den Maschinen, als viel Zeit in Planung zu stecken. Aber: «Grundsätzlich mache ich alles gerne.» Nora pflichtet ihr bei. Auch sie arbeitet gerne mit den Händen und meint: «Werkzeuge auf- und abspannen, schrauben und handwerklich tätig sein, das gefällt mir!» Und was weniger? Sie lacht: «Alles, was mit Putzen zu tun hat, finde ich nicht so cool.»
Beide Frauen bestätigen immer wieder, dass das Geschlecht überhaupt keine Rolle spiele und das Arbeitsklima freundschaftlich und kollegial sei. Nora möchte auch nach Lehrabschluss weiter als Automatikerin arbeiten, am liebsten bei der Wild & Küfer, wie sie bestimmt sagt und anfügt: «Das ist der Beruf, mit dem ich alt werden möchte!»
Würden sie nach ihren Erfahrungen auch anderen Schulabgängerinnen empfehlen, einen eher typischen Männerberuf zu ergreifen? Sie müssen beide nicht lange überlegen: «Auf jeden Fall! Am Anfang ist es vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig in einer reinen Männergesellschaft zu arbeiten. Aber nach zwei, drei Wochen merkt man das gar nicht mehr», sagt Noemi. Gegen mehr Frauen im Team hätten sie aber natürlich nichts einzuwenden. «Ich würde mich über eine Kollegin freuen», meint Nora.
Von Michel Bossart
Am Freitag, 20. September, von 8.30 bis 17 Uhr, und am Samstag, 21. September, von 9 bis 16 Uhr findet im Oberstufenschulhaus Schmerikon die Berufsmesse Zürichsee- Linth statt. Über 100 Firmen aus der Region informieren über 95 verschiedene Berufe. Schülerinnen und Schüler haben die Gelegenheit, die Berufe kennenzulernen und sich mit dem Ausbildner auszutauschen.
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