Christian Vogel
kämpft für eine Varianten-Abstimmung für das Hallenbad Bütschwl.
Adrian Gmür, Kantonsrat Die Mitte
Mit einem politischen Kompromiss ist es wie mit einer einvernehmlichen Lösung vor Gericht: sie ist dann gut, wenn beide Parteien unzufrieden damit sind. Früher war die Schweiz stolz auf ihre Fähigkeit, durch Kompromisse zu tragfähigen Lösungen zu gelangen. Es war die Kunst der politischen Parteien, Interessen abzuwägen, Brücken zu bauen und Ergebnisse zu erzielen, mit denen alle mehr oder weniger leben konnten.
Diese Tradition scheint ins Wanken zu geraten. Immer häufiger ist zu beobachten, dass sich die politischen Lager verhärten, unnachgiebig ihre Positionen verteidigen und sich gegenseitig blockieren. Die Ideologie wird wichtiger als die Lösung. Es geht weniger um die Frage, wie ein Problem gelöst werden kann, sondern darum, wer am Ende als Sieger und wer als Verlierer dasteht, und wer am meisten mediale Präsenz erlangt. Nachdenklich stimmt, dass lieber an einer bestehenden, schlechten Lösung festgehalten wird, als auch nur einen Millimeter von der eigenen Position abzurücken. Dies hat sich an der gescheiterten BVG-Revision einmal mehr gezeigt. Auch wenn die Vorlage gewisse Schwächen gehabt haben mag, so wäre sie doch bedeutend besser gewesen als die heutige Regelung, von der alle wissen, dass sie reformiert werden muss. Die Ausarbeitung der Vorlage, die viele Jahre (und viele Franken!) gekostet hat, war für die Katze, die dringend notwendige Reform bleibt aus, und – die Menschen verlieren das Vertrauen in die Politik.
Die politischen Player – mal sind es die einen, mal die anderen – sind heute also bereit, gute Lösungen zu verhindern, um an schlechten festzuhalten, solange nicht sämtliche eigenen Forderungen erfüllt sind. Unser politisches System darf aber nicht zum reinen Schlagabtausch verkommen. Lösungen entstehen nicht durch das Beharren auf Maximalforderungen, weder vor Gericht noch in der Politik. Der gutschweizerische Kompromiss war lange Zeit unsere Stärke – und es wird Zeit, diese wieder zu entdecken.
⋌Adrian Gmür, ⋌Bütschwil-Ganterschwil
⋌Kantonsrat St.Gallen, Die Mitte
Hinweis
An dieser Stelle kommen wöchentlich die Kantonsräte aus dem Erscheinungsgebiet der Toggenburger und See & Gaster Zeitung zu Wort. Sie greifen das Geschehen aus der Region auf oder schreiben über persönliche Erlebnisse. Nächste Woche ist Martin Sailer, Wildhaus-Alt St.Johann an der Reihe.
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