Adrian Gmür
vermisst im Polit Geflüster, den gut schweizerischen Kompromiss.
Nina und Dario wohnen mit ihren zwei kleinen Kindern in Wattwil – die beiden sind hier fest verwurzelt, Nina hat in Wattwil einen kleinen Laden. Dario arbeitet in Grabs, steht morgens um halb 6 auf, damit er um 7 im Geschäft ist. Die Fahrt dauert mit dem Auto rund 45 Minuten, mit dem Zug eineinhalb Stunden. Am Abend ist er zwischen 6 und 7 wieder zu Hause, so dass noch etwas Zeit für die Kinder bleibt. Nähme Dario den Zug, sähe er die Kinder wohl nur am Wochenende.
Seit 2016 sieht das geltende Recht vor, dass Dario die Kosten für die Fahrt nach Grabs nur noch knapp zur Hälfte von den Steuern abziehen kann. Damals wurde nämlich der Pendlerabzug auf 4460 Franken pro Jahr gedeckelt. Dario nervt sich zu Recht: Noch bevor er morgens um 7 den ersten Franken verdient hat, entstehen ihm Kosten, sei es fürs Benzin oder beim Elektroauto für den Strom. Dadurch reduziert sich sein Einkommen deutlich, abziehen darf er die Kosten dennoch nur zur Hälfte. Zu Deutsch: Der Staat besteuert munter seinen Lohn, die Kosten dafür, dass Dario überhaupt etwas verdienen kann, sind dem Staat aber egal.
Uns in der Politik muss das zu denken geben. Dario ist ein «Chrampfer», Nina und er leisten viel. Wollen wir wirklich, dass diejenigen, die Tag für Tag aufstehen, «chrampfen» gehen, ihre Familien durchbringen und unsere Wirtschaft am Laufen halten, bestraft werden? Und: Wieso eigentlich? Bis heute konnte niemand nachweisen, dass die Deckelung des Pendlerabzugs zu einer Verlagerung auf den öV geführt hätte. Dario wird kaum den öV nehmen: Es sind genau die eineinhalb Stunden, die er mit dem Auto einspart, die ihm am Abend mit seinen Kindern bleiben.
Zum Glück gibt es gute Nachrichten: Der Kantonsrat hat eine deutliche Erhöhung des Pendlerabzugs beschlossen. Die Initiative dazu ging von der FDP aus und auch die 8000 Franken, die im November zur Abstimmung kommen, stammen aus einer FDP-Feder. Für uns ist nämlich klar: Wir sind froh, um alle, die unsere Schweizer Wirtschaft am Laufen halten, ganz besonders in Zeiten des Arbeitskräftemangels. Kurzum: Wer «chrampfen» geht, darf dafür nicht bestraft werden!
⋌Ruben Schuler, Mosnang
⋌Kantonsrat St.Gallen, FDP
Hinweis
An dieser Stelle kommen wöchentlich die Kantonsräte aus dem Erscheinungsgebiet der Toggenburger und See & Gaster Zeitung zu Wort. Sie greifen das Geschehen aus der Region auf oder schreiben über persönliche Erlebnisse. Nächste Woche ist Bruno Schweizer an der Reihe.
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